AG Frankfurt: Berechtigte Kündigung wegen Fehlens eines Ersatz-Wohnmobils

AG Frankfurt: Berechtigte Kündigung wegen Fehlens eines Ersatz-Wohnmobils

Die Klägerin mietete bei der Beklagten ein Wohnmobil, welches durch einen Verkehrsunfall schwer beschädigt wurde. Nun brauchte die Klägerin für die restliche gebuchte Zeit ein Ersatz-Wohnmobil, was die Beklagte erst zur Verfügung stellen wollte, wenn der Polizeibericht und damit ein Nachweis vorliegt, dass die Klägerin keine Schuld an dem Verkehrsunfall trifft. Sodann kündigte die Klägerin den Vertrag mit der Beklagten. Ihr entstanden Kosten durch Hotelaufenthalte und Kosten für die Miettage des Wohnmobils, in denen ihr jedoch keins mehr zur Verfügung gestellt wurde.

Das Amtsgericht Frankfurt entschied, dass die Beklagte an die Klägerin 4729 Euro nebst Zinsen zu zahlen hat.

AG Frankfurt 30 C 606/05 (Aktenzeichen)
AG Frankurt: AG Frankurt, Urt. vom 14.07.2006
Rechtsweg: AG Frankurt, Urt. v. 14.07.2006, Az: 30 C 606/05
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Hessen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Frankfurt

1. Urteil vom 14.07.2006

Aktenzeichen 30 C 606/05

Leitsätze:

2. Der Reiseveranstalter muss einen Ersatz für ein, durch ein Verkehsunfall beschädigtes, gemietetes Wohnmobil liefern, auch wenn ein Verschulden oder sogar Mitverschulden des Mieters des Fahrzeugs nicht ausgeschlossen ist.

Zusammenfassung:

3. Vorliegend buchte die Klägerin für ihren Mitarbeiter, ein Campmobil für einen Auslandsaufenthalt von insgesamt 35 Tagen. Durch einen Verkehrsunfall, dessen Schuld nicht den Mitarbeiter der Klägering trifft, wird dieses stark beschädigt. Als nun ein Ersatzfahrzeug für den gebuchten Zeitraum verlangt wurde, wurde das seitens der Beklagten verneint, da erst der Polizeibericht abgewartet werden müsse, um ein Verschulden an dem Verkehrsunfall des Mitarbeiters ausschließen zu können. Ein solcher Polizeibericht liegt jeoch erst in einer Woche vor. Also kündigte die Klägerin den Vertrag mit der Reiseveranstalterin daraufhin. Der Mitarbeiter der Klägerin musste ab diesem Zeitpunkt in einem Hotel schlafen, was zusätzliche Kosten verursachte. Des Weiteren war die Miete für das Wohnmobil bereits für 35 Tage bezahlt. Genutzt werden konnte dieses aber nur 10 Tage. Nun fordert diese einen Schadensersatz für diese Kosten, von der Beklagten.

Ein solcher Anspruch wurde ihr auch vom Amtsgericht Frankfurt zugesprochen. Die Beklagte verpflichtete sich in dem Vertrag dazu, der Klägerin bzw. dem Mitarbeiter ein Campmobil für 35 Tage für die gebuchte Reise zu stellen. Dem hätte sie nachkommen müssen, unabhängig davon, ob ein Verschulden oder Mitverschulden des Mitarbeiters nachgewiesen wurde oder nicht. Wäre ein solches Verschulden im Nachhinein bejaht worden, so hätten der Vermieterin des Fahrzeugs Schadensersatzansprüche gegenüber dem Mieter zugestanden. Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten ist also nicht ersichtlich. Somit steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch, für die entstandenen Hotelkosten gemäß § 651 f BGB, zu. Ebenso kann sie den anteiligen Reisepreis für den Zeitraum ersetzt zu verlangen, für den die Beklagte kein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt hat.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.729,– Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar

Tatbestand:

5. Die Klägerin buchte bei der Beklagten für ihren Mitarbeiter … einen Flug Hamburg-Orlando-Hamburg nebst einem Campmobil der Firma … vom 23.04. bis 27.05.2003.

Der Zeuge … übernahm das Campmobil in Orlando, wo es auch wieder abgegeben werden sollte.

Am 03.05.2003 stieß in Atlanta ein anderes Fahrzeug gegen die Seite des von Herrn … gefahrenen Campmobils. Das Campmobil wurde schwer beschädigt, konnte aber von Herrn … noch dem Firmengelände zurück gefahren werden. Er nahm sodann telefonisch Kontakt mit … auf. Von dort erhielt er die Auskunft, dass er kein Ersatzfahrzeug erhalte, bevor nicht der Polizeibericht vorliege. Herr … wies darauf hin, dass der Polizeibericht nicht vor einer Woche zu erwarten sei. Außerdem sei er auf das Fahrzeug dringend angewiesen, da er Kundenbesuche machen müsse und die Termine für diese Besuche bereits abgesprochen seien. Gleichwohl war … nur bereit, ein Fahrzeug gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen. In Roswell, nördlich von Atlanta, wo Herr … das beschädigte Fahrzeug noch hingebracht hatte, stand ein Ersatzfahrzeug für ihn nicht zur Verfügung.

Am 05.05.2003 kündigte Herr … anlässlich eines Telefongesprächs mit der Niederlassung von … in Orlando den Reisevertrag betreffend die Zurverfügungstellung des gebuchten Campmobils, nachdem ihm erneut erklärt worden war, ein kostenfreies Ersatzfahrzeug könne vor der Vorlage des Polizeiberichts nicht geliefert werden, allenfalls könne er ein Fahrzeug gegen Bezahlung erhalten. Herr … begründete seine Kündigung damit, dass er ein fest vereinbartes großes Besuchsprogramm in den gesamten USA abzuwickeln habe und nicht länger warten könne, er werde jetzt die Fahrt in einem Firmenfahrzeug antreten und jeweils in Hotels übernachten.

Am Folgetag, dem 06.05.2003, erhielt Herr … dann einen Anruf, dass er in Dallas ein Fahrzeug übernehmen könne, es dort aber auch wieder zurückgeben müsse. Da Herr … seine Reise so geplant hatte, dass sie in Florida beginnt und in Florida auch endet, war ihm nicht damit gedient, ein Fahrzeug in Dallas zu übernehmen. Im Übrigen hatte Herr … seine Besuchsreise bereits begonnen und war deshalb nicht in der Lage, in Dallas ein Fahrzeug zu übernehmen. So erklärte er sich auch gegenüber seinem Gesprächspartner von ….

Der Kläger nutzte das gebuchte Fahrzeug vom 23.04 bis zum 02.05.2003 einschließlich, das sind 10 Tage von insgesamt 35 Tagen.

Dafür, dass Herrn … kein Camper mehr zur Verfügung stand und er deshalb in Hotels übernachten musste, entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von 1.407,65 Euro gemäß Aufstellung in der Anlage K 6 zum Schriftsatz vom 09.06.2005.

Der auf den Mietwagen entfallende anteilige Reisepreis für den gesamten Buchungszeitraum belief sich auf 4.692,– Euro.

Die Klägerin meint, die Beklagte sei verpflichtet, ihr den auf den Mietwagen entfallenden anteiligen Reisepreis in Höhe von 4.692,– Euro zu erstatten. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, unverzüglich nach dem schädigenden Ereignis ein Ersatzcampmobil bereitzustellen. Für den Fall, dass ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der Mietkosten für die ersten 10 Tage nicht bestehe, macht die Klägerin für diesen Fall hilfsweise die angefallenen Hotelkosten in Höhe von 1.407,65 Euro unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs geltend.

Sie beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.729,– Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank auf 4.729,– Euro seit dem 15.11.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, die Klägerin sei ihrer Verpflichtung zur unversehrten Rückgabe des Vertragsobjekts nicht nachgekommen. Ein fehlendes Verschulden des Herrn … im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom 03.05.2003 in Atlanta sei nicht hinreichend sicher nachgewiesen gewesen, so dass folglich die Klägerin auch nicht habe verlangen können, sofort und dazu noch unentgeltlich ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt zu bekommen. Im Übrigen hätte der Zeuge … aus Schadensminderungsgründen ein Ersatzfahrzeug gegen Vorkasse übernehmen müssen.

Wegen des Parteivorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

6. Die Klage ist begründet.

Ein Anspruch der Klägerin ist zunächst insoweit begründet, als die Klägerin für die Zeit vom 03.05.2003 bis zum Ende der Mietzeit am 27.05.2003 Rückzahlung des anteiligen Mietpreises für das Campmobil verlangt. Denn Herr …, der Mitarbeiter der Klägerin, der betreffend die Wahrnehmung der der Klägerin aus dem Reisevertrag mit der Beklagten zustehenden Rechte während der Reise in den USA als von der Klägerin bevollmächtigt anzusehen ist, für diese während der Reise die ihr zustehenden Rechte aus dem Reisevertrag geltend zu machen, war berechtigt, am 05.05.2003 den Mietvertrag betreffend das Campmobil zu kündigen. Die Berechtigung ergab sich hierbei aus § 651 e BGB, wonach der Reisende den Vertrag kündigen kann, wenn die Reise infolge eines Mangels der Veranstalterleistung im Sinne des § 651 c BGB erheblich beeinträchtigt wird. Dies war hier der Fall. Die Beklagte war über ihren Erfüllungsgehilfen, die Firma …, verpflichtet, aufgrund des geschlossenen Reisevertrags, der die Gestellung eines Wohnmobils zum Gegenstand hatte, der Klägerin bzw. ihrem Mitarbeiter Herrn … ein funktionsfähiges Wohnmobil zur Verfügung zu stellen. Denn der Reiseveranstalter schuldet aus dem Reisevertrag die Stellung eines funktionsfähigen Reisemobils. Ist ein solches nicht mehr funktionsfähig, etwa aufgrund aufgetretener Defekte oder aber aufgrund eines jedenfalls fremd verursachten Unfallgeschehens, ist der Reiseveranstalter verpflichtet, unverzüglich ein Ersatzfahrzeug zu stellen. Hierbei ist er verpflichtet, das Ersatzfahrzeug dem Reisenden zu bringen. Der Reisende braucht sich hierbei nicht darauf verweisen zu lassen, das Ersatzfahrzeug an einem bestimmten Ort abzuholen, den er nicht zu bereisen beabsichtigt (vergleiche OLG Düsseldorf, Transportrecht 1993, Seite 121; ebenso Führich, Reiserecht, 4. Auflage, Stichwort „Wohnmobil“). Im vorliegenden Fall hat es der Leistungserbringer der Beklagten in den USA, die Firma …, auf die Schadensmitteilung des Herrn … hin abgelehnt, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen und ein Ersatzfahrzeug zu stellen. Sie war zu dieser Ablehnung auch nicht etwa deshalb berechtigt, weil Herr … in einen Unfall verwickelt war, insbesondere durfte die Firma … die Gestellung eines Ersatzfahrzeugs nicht von der Vorlage eines im Übrigen erst für eine Woche später zu erwartenden Polizeiberichts abhängig machen. Denn selbst eine schuldhafte Beteiligung des Mieters eines Campmobils an einem Unfallgeschehen, von dem hier ersichtlich nicht ausgegangen werden kann, ändert an der Eingangs geschilderten Verpflichtung der Beklagten bzw. ihres Leistungserbringers an der unverzüglichen Gestellung eines Ersatzfahrzeugs im Falle eines Unfalls nichts. Denn die Frage eines etwaigen Ersatzanspruchs der Firma … aus einer möglichen schuldhaften Mitverursachung des Unfallgeschehens durch den Mieter begründet allenfalls einen entsprechenden Schadensersatzanspruch des Vermieters gegenüber dem Mieter, der neben und außerhalb der Leistungserbringungspflicht der Beklagten (unverzügliche Zurverfügungstellung eines Ersatzfahrzeugs am Ort des schädigenden Ereignisses) geltend zu machen und abzuwickeln ist. Hierfür steht der Beklagten bzw. ihrem Leistungserbringer in den USA, der Firma …, die gerichtsbekannt bei Übernahme eines Campmobils zu hinterlegende Kaution in Form eines Blankobelegs eines Kreditkartenunternehmens zur Verfügung, soweit nicht die Ansprüche ohnehin durch bei Übernahme des Fahrzeugs gebuchte Versicherungspakete abgedeckt sind. Keinesfalls ist die Beklagte berechtigt, sich ihrer Hauptleistungspflicht, der Zurverfügungstellung eines funktionsfähigen Campmobils, bis zur Klärung einer etwaigen Verantwortlichkeit/Mitverantwortlichkeit des Mieters an einem Schadensereignis betreffen das gemietete Campmobil zu entziehen. Ein derartiges „Zurückhaltungsrecht“ besteht nicht.

Aus den dargelegten Gründen war die Firma … auch nicht berechtigt, eine sofortige Gestellung eines Ersatzfahrzeugs von einer vorherigen Zahlung abhängig zu machen.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Klägerin über den von ihr bevollmächtigten Herrn … aufgrund der beharrlichen vertragswidrigen Weigerung der Firma … an der sofortigen Zurverfügungstellung eines funktionsfähigen Ersatzfahrzeugs vor Ort den Reisevertrag insoweit zu kündigen, wie dies Herr … dann anlässlich des Telefonats mit … in Orlando am 05.05.2003 getan hat. Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang das in jeder Hinsicht befremdliche Anliegen der Firma … an den Kläger, ein Ersatzfahrzeug gegen Bezahlung in Dallas (mehrere 1000 km von Atlanta entfernt!) abzuholen.

Aufgrund der wirksamen Kündigung ist die Klägerin daher berechtigt, den anteiligen Reisepreis für den Zeitraum ersetzt zu verlangen, für den die Beklagte kein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt hat, das ist vom 03.05.2003 bis zum 27.05.2003, nämlich 25 Tage. 25 nicht genutzte, jedoch bezahlte Miettage ergeben ausgehend von dem Buchungspreis für das Campmobil in Höhe von 4.729,– Euro, 3.351,43 Euro, die die Beklagte zu erstatten hat, §§ 651 e, 346 BGB.

Darüber hinaus stehen der Klägerin die ihrem Mitarbeiter … entstandenen Hotelkosten als Schadensersatz gemäß § 651 f BGB zu. Herr … war aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens der Firma … genötigt, in Hotels zu schlafen. Die Aufstellung der Hotelkosten gemäß Anlage K 5 zum Schriftsatz der Klägerin vom 09.06.2005 ist nicht substantiiert bestritten. Sie ist in sich auch maßvoll und entspricht den gerichtsbekannt in den USA zu zahlenden Hotelkosten. Sie waren aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens der Firma … notwendig, da Herr … aufgrund der Weigerung der Firma … zur Gestellung eines Ersatzfahrzeugs gezwungen gewesen war, ist Hotels zu übernachten.

Die Summe der von der Beklagten zu zahlenden Beträge (3.351,43 Euro Rückzahlung Mietwagenkosten und 1.407,65 Euro notwendige Hotelkosten) beläuft sich auf geringfügig mehr als der in dem Klageantrag geltend gemachte Betrag von 4.729,– Euro. Gemäß § 306 ZPO war dem Klageantrag entsprechend zu erkennen.

Der Zinsanspruch ist unter dem Gesichtspunkt der Verzugszinsen gemäß §§ 286, 284 BGB begründet, da sich die Beklagte aufgrund vergeblicher anwaltlicher Fristsetzung zur Zahlung der Klagesumme bis zum 15.11.2003 seit dem 15.11.2003 in Verzug befindet.

Die Beklagte hat, da sie in dem Rechtsstreit unterlegen ist, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 ZPO.

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