Ansprüche gegen Airline außerhalb der EU

AG Frankfurt: Ansprüche gegen Airline außerhalb der EU

Die Klägerin verlangte von einem Luftfahrtunternehmen Schadensersatz wegen Nichtbeförderung.

Die Beklagte wurde verurteilt, obwohl sie ihren Sitz außerhalb der Europäischen Union hat, weil sie dennoch innerhalb dieser agiert.

AG Frankfurt 31 C 2469/06 (Aktenzeichen)
AG Frankfurt: AG Frankfurt, Urt. vom 11.01.2007
Rechtsweg: AG Frankfurt, Urt. v. 11.01.2007, Az: 31 C 2469/06
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Amtsgericht Frankfurt

1. Urteil vom 11. Januar 2007

Aktenzeichen 31 C 2469/06

Leitsätze:

2. Nichteuropäische Fluggesellschaften, die Flüge mit Start oder Ziel in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union veranstalten, können gemäß der europäischen Fluggastrechteverordnung für Ausgleichsleistungen in Anspruch genommen werden.

Die Annahme eines Kostgutscheins im Falle einer Nichtbeförderung stellt keine Einverständniserklärung mit derselben dar.

Zusammenfassung:

3. Eine Flugreisende verklagte ein Luftfahrtunternehmen, weil ihr ohne ihr Einverständnis die Beförderung verweigert worden war. Die Beklagte verteidigte sich einerseits mit ihrem Sitz außerhalb der Europäischen Union, weswegen die europäische Fluggastrechteverordnung für sie nicht gelte und andererseits mit dem vermeintlichen Einverständnis zur Nichtbeförderung, das die Klägerin gegeben habe, indem sie einen Verpflegungsgutschein über 20,- Euro angenommen habe.

Das Amtsgericht Frankfurt verurteilte die Fluggesellschaft zur Zahlung eines Ausgleichs in Höhe von 400,- Euro. Die Fluggastrechteverordnung sei dem Gericht nach sehr wohl anwendbar, da die Beklagte Flüge mit Start und / oder Ziel in der EU anbiete. Überdies sei die Einvernehmlichkeit der Nichtbeförderung nicht bewiesen worden und auch nicht durch die Annahme des Kostgutscheins gegeben.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 400,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit 31.08.05 und weitere 47,39 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit 11.10.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

6. Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß Artikel 4 Abs. 3, 7 Abs. 1 b) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.2.2004 einen Anspruch auf Zahlung von 400,00 Euro wegen einer Nichtbeförderung. Die vorgenannte Verordnung gilt auch für die Beklagte, denn der Flug der Klägerin sollte in Frankfurt am Main und damit im Gebiet eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union angetreten werden (Art. 3 Abs. 1 a) der genannten Verordnung). Die Klägerin verfügte über eine bestätigte Buchung für den Flug Nr. …, …, von Frankfurt am Main nach …. Die Mitarbeiter der Beklagten verweigerten der Klägerin gegen ihren Willen die Beförderung mit dem vorgesehenen Flug. Die Beklagte ist mit ihrer Behauptung, die Klägerin habe dem freiwillig zugestimmt, beweisfällig. Auf die ausdrückliche Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung am 21.12.2006 war die Beklagtenvertreterin nicht in der Lage, für ihre Behauptung einen Zeugen namentlich und mit Anschrift zu benennen. Für das Vorliegen des Einverständnisses der Klägerin ist die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet. Auch die Annahme des Verzehrgutscheins über 20,– Euro und des Gutscheines … stellt kein Indiz für ein Einverständnis der Klägerin dar. Bei dem Verzehrgutschein über 20,– Euro handelt es sich um eine Betreuungsleistung im Sinne des Artikels 9 Abs. 1 a) der genannten Verordnung, die den Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Verordnung unberührt lässt. Auch der Gutschein … über 100 US-​Dollar ist nicht auf den Ausgleichsanspruch anrechenbar, weil es sich dabei um kein ordnungsgemäßes Zahlungsmittel handelt, das eine Erfüllung von Forderungen herbeiführt. Damit ist es auch unerheblich, ob dieser Gutschein irgendeinen Wert hat oder nicht. Die Höhe des Ausgleichsanspruchs von 400,00 Euro ergibt sich aus Art. 7 Abs. 1 b), da der streitgegenständliche Flug über eine Entfernung zwischen 1500 und 3500 Kilometer vorgesehen war.

7. Der Zinsanspruch der Klägerin und ihr Anspruch auf Ersatz des nicht anrechenbaren Teils der ihr entstandenen Rechtsanwaltskosten beruht auf dem Gesichtspunkt des Verzuges.

8. Die Beklagte war daher antragsgemäß zu verurteilen.

9. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1, 713 ZPO.

10. Das Gericht hat die Berufung nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht erfüllt sind. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

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