Erbringen von Reiseleistungen durch Vermietung von Ferienwohnungen im eigenen Namen und auf fremde Rechnung

FG Niedersachsen: Erbringen von Reiseleistungen durch Vermietung von Ferienwohnungen im eigenen Namen und auf fremde Rechnung

Die Klägerin vermittelte Ferienwohnungen und erhielt dafür Provisionen, die sie versteuerte. Das Finanzamtes ist allerdings der Ansicht, die Klägerin hätte den gesamten Umsatz der Erlöse aus der Vermietung der Ferienwohnungen versteuern müssen. Nach außen hin sei sie nicht erkennbar als Vermittlerin aufgetreten sei. Das Finanzamt fordert also eine entsprechende Rückzahlung, wogegen die Vermittlerin der Ferienwohnungen klagt.

Das Finanzgericht Niedersachsen entscheidet zugunsten der Klägerin, da es laut § 25 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz – UStG für die Annahme von Reiseleistungen zwar nötig ist, dass Unternehmer im eigenen Namen auftreten, das Tätigwerden auf eigene Rechnung jedoch nicht zwingend erforderlich ist.

FG Niedersachsen 5 K 60/08 (Aktenzeichen)
FG Niedersachsen: FG Niedersachsen, Urt. vom 23.06.2010
Rechtsweg: FG Niedersachsen, Urt. v. 23.06.2010, Az: 5 K 60/08
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Finanzgericht Niedersachsen

1. Urteil vom 23. Juni 2010

Aktenzeichen 5 K 60/08

Leitsatz:

2. Das UStG verlangt für die Annahme von Reiseleistungen das Auftreten des Unternehmers im eigenen Namen, nicht jedoch das Tätigwerden auf eigene Rechnung.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin vermittelte Ferienwohnungen in eigenem Namen, aber auf fremde Rechnung (die der Eigentümer der Ferienwohnungen) und erhielt dafür Provisionen, die sie ordnungsgemäß versteuerte. Nach Ansicht des Finanzamtes hätte die Klägerin jedoch den gesamten Umsatz der Erlöse aus der Vermietung der Ferienwohnungen versteuern müssen, da sie nach außen nicht ausreichend erkenntlich als ledigliche Vermittlerin aufgetreten sei. Deshalb fordert das Finanzamt eine entsprechende Rückzahlung, wogegen die Vermittlerin der Ferienwohnungen klagt.

Das FG Niedersachsen entscheidet in diesem Fall zugunsten der Klägerin. Laut § 25 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz – UStG ist es für die Annahme von Reiseleistungen zwar nötig, dass Unternehmer im eigenen Namen auftreten. Das Tätigwerden auf eigene Rechnung ist jedoch nicht erforderlich.

Tenor:

4. Die Klägerin betrieb in den Jahren 2000 und 2001 in X. ein Seniorenheim und die Vermittlung von Ferienwohnungen.

5. Die Klägerin vermietete im eigenen Namen, aber auf Rechnung verschiedener Eigentümer deren Ferienwohnungen an Feriengäste. Von den Mieterlösen stand ihr ein Anteil von etwa 20 v. H. als Provision zu. Darüber hinaus erzielte sie Erlöse aus der von ihr durchgeführten Endreinigung der Wohnungen, deren Kosten sie direkt mit den Feriengästen abrechnete.

6. Im Jahre 2000 beliefen sich die Mieteinnahmen auf 264.323 DM brutto und die Provision der Klägerin auf 46.122,10 DM brutto; im Jahre 2001 betrugen die Mieteinnahmen 298.403 DM brutto und die Provision der Klägerin 52.847,60 DM brutto.

7. In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre erklärte die Klägerin die Erlöse aus dem Betrieb des Seniorenheimes, die Provisionserlöse und die Erlöse aus der Endreinigung als steuerpflichtige Umsätze. Diese gab sie für 2000 mit 82.900 DM und für 2001 mit 90.330 DM an. Das Finanzamt stimmte am 19.08.2002 (für 2000) und am 03.04.2003 (für 2001) den Umsatzsteuererklärungen zu.

8. Das Finanzamt führte im Jahre 2006/2007 bei der Klägerin eine Außenprüfung u. a. für die Streitjahre durch. Der Prüfer stellte fest, dass aus den Buchungsbestätigungen und den Meldescheinen nicht hervorgehe, dass die Klägerin die Wohnungen nur als Vermittlerin für den Eigentümer vermietet habe. Denn sie sei nach außen hin auch gegenüber den Feriengästen nicht erkennbar im Namen der Eigentümer aufgetreten. Deshalb sei als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer nicht nur die Vermittlungsprovision, sondern die gesamten Vermietungsumsätze heranzuziehen. Im Hinblick auf einem beim Niedersächsischen Finanzgericht für die Jahre 1995 – 1999 anhängigen Verfahren und der in diesem Verfahren getroffenen Verständigung unterstellte der Prüfer, dass den Feriengästen teilweise bekannt gewesen sei, dass die Klägerin die Wohnungen nicht selbst, sondern für die jeweiligen Eigentümer vermiete. Er erhöhte deswegen die Bemessungsgrundlage für die Umsätze nur in Höhe von 60 v. H. der festgestellten Differenz. Im Einzelnen ermittelte der Prüfer die Umsätze wie folgt:

9.
2000 2001
Differenz: Mieten-Provision 188.184,00 DM 212.643,00 DM
hiervon 60 v. H. 112.910,00 DM 127.585,00 DM
Nettobetrag 97.336,00 DM 109.987,00 DM.

10. Der Prüfer erhöhte die Umsätze um die genannten Nettobeträge für 2000 auf 180.283,00 DM und 2001 auf 200.317,00 DM.

11. In Auswertung dieser Prüfungsfeststellungen erteilte das Finanzamt für die Streitjahre am 18.05.2007 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide. Hiergegen richtet sich nach erfolglos gebliebenem Vorverfahren die Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihre Umsätze aus der Vermietung der Wohnungen nach § 25 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz – UStG – zu besteuern sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin zwar im eigenen Namen, aber nicht für eigene Rechnung tätig gewesen sei. Die gegenteilige Auffassung des Finanzamts sei unzutreffend. Die Klägerin habe Reiseleistungen erbracht und habe, da im Streitfall von einer Dienstleistungskommission i.S.v. § 3 Abs. 11 UStG auszugehen sei, auch Reisevorleistungen bezogen. Denn der Unternehmer werde im Falle der Dienstleistungskommission so behandelt, als ob er diese Dienstleistung selbst erhalten und erbracht habe.

12. Die Klägerin beantragt, die geänderten Umsatzsteuerbescheide 2000 und 2001 vom 18.05.2007 unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 12.02.2008 dahingehend zu ändern, dass die Bemessungsgrundlage für die Umsätze zum Steuersatz von 16 v. H. im Jahre 2000 um 97.336,00 DM und im Jahre 2001 um 109.987,00 DM herabgesetzt werden.

13. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

14. Das Finanzamt ist der Auffassung, dass eine Besteuerung der Vermietungsleistungen der Klägerin nach § 25 UStG deswegen nicht in Betracht komme, weil die Klägerin keine Reisevorleistungen bezogen habe. Zwar könne die Weitervermietung angemieteter Ferienhäuser oder Ferienwohnungen eine Reiseleistung i.S.d. § 25 UStG sein, nicht jedoch die Vermittlung von Ferienwohnungen oder Ferienhäuser. Voraussetzung für eine Besteuerung nach § 25 UStG sei, dass der Steuerpflichtige im eigenen Namen und für eigene Rechnung tätig geworden sei.

Entscheidungsgründe:

15. Die Klage ist begründet. Die Bemessungsgrundlage für die Vermietungsleistung der Klägerin bemisst sich nach § 25 Abs. 3 UStG. Denn sie hat eine Reiseleistung i.S.d. § 25 Abs. 1 UStG erbracht.

16. Der umsatzsteuerrechtliche Begriff der Reiseleistung ist weiter gefasst als der in § 651 a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – verwendete Begriff. Jene Vorschrift setzt voraus, dass der Reiseveranstalter eine Gesamtheit von Reiseleistungen erbringt und nicht nur eine einzelne Leistung. Demgemäß liegt eine Reiseleistung i.S.d. § 25 UStG auch dann vor, wenn der Unternehmer nur eine Leistung, wie im Streitfall die Vermietung von Ferienwohnungen ohne Anreise und Verpflegung erbringt.

17. Die Anwendung des § 25 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt, die Reiseleistung nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt ist und der Unternehmer sogenannte Reisevorleistungen Dritter in Anspruch genommen hat.

18. Die Klägerin hat ihre Leistung gegenüber den Reisenden als Endverbraucher erbracht, also nicht für das Unternehmen eines Leistungsempfängers.

19. Die Klägerin ist bei der Vermietung der Wohnungen an Feriengäste im eigenen Namen aufgetreten. Entscheidend ist dabei das tatsächliche Auftreten des Unternehmers gegenüber dem Leistungsempfänger, wobei grundsätzlich die zivilrechtliche Betrachtungsweise maßgeblich ist. Nach den Feststellungen des Außenprüfers ist die Klägerin gegenüber den Feriengästen als Vermieterin der Wohnung aufgetreten. Dies hat der Prüfer aufgrund der Auswertung der Buchungsbestätigungen und Meldescheine festgestellt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nach außen hin im Namen der jeweiligen Eigentümer der Wohnungen die Mietverträge geschlossen hätte, und damit als Vermittlerin aufgetreten wäre, hat der Prüfer aus den Unterlagen nicht feststellen können. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin nicht auf eigene Rechnung, sondern auf Rechnung der jeweiligen Wohnungseigentümer gehandelt hat. Zwar schließt Abschnitt 32 Abs. 4 Satz 5 Umsatzsteuer-Richtlinien – UStR – die Anwendung des § 25 UStG für die Fälle aus, in denen der Leistende auf fremde Rechnung tätig wird. Eine Begründung für diese Auffassung geben die Richtlinien indes nicht.

20. Der Senat folgt dieser Auffassung nicht. Nach dem Wortlaut des § 25 UStG ist nur zu verlangen, dass der Unternehmer im eigenen Namen auftritt. Dass er auch auf eigene Rechnung handelt, verlangt die Vorschrift nicht (vgl. BFH-Beschluss vom 26.06.2008 V B 42/07, BFH/NV 2008, 1894; BFH-Urteil vom 07.10.1999, V R 79, 80/98, BStBl II 2004, 308). Dieser Auffassung entspricht auch der herrschenden Auffassung in der Literatur (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 25 Rdz. 22, Vogel/Schwarz, Umsatzsteuergesetz, § 25 Rdz. 16, Reiß Krauesel Langer Kommentar zum Umsatzsteuergesetz § 25 Rz.52, Stadie UStG § 25 Rz.16).

21. Die Klägerin hat auch sogenannte Reisevorleistungen in Anspruch genommen. Reisevorleistungen sind nach § 25 Abs. 1 Satz 5 UStG Lieferungen und sonstige Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugute kommen. Die Klägerin hat die von ihr vermieteten Ferienwohnungen zwar nicht von den jeweiligen Eigentümern angemietet, um sie weiterzuvermieten. Sie ist indes so zu behandeln, als habe sie Reisevorleistungen in Anspruch genommen. Im Streitfall ist als Reisevorleistung in diesem Sinne die fiktive Überlassung der Ferienwohnungen an die Klägerin anzusehen. Nach Artikel 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG werden Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, so behandelt, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten. Diese Bestimmung der Richtlinie ist durch § 3 Abs. 11 UStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung nicht eindeutig umgesetzt worden. In richtlinienkonformer Auslegung ist die Vorschrift jedoch auf Sachverhalte anzuwenden, in denen der Auftragnehmer im eigenen Namen, aber für Rechnung seines Auftraggebers eine Leistung erbringt.

22. Nach § 25 Abs. 3 UStG misst sich die Bemessungsgrundlage für Reiseleistungen nach dem Unterschied zwischen dem Betrag, den der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten und den Betrag, den der Unternehmer für die Reisevorleistungen aufwendet. Bemessungsgrundlage ist danach im Streitfall die Differenz zwischen der Miete, die die Klägerin von den einzelnen Feriengästen eingenommen hat und den Betrag, den sie nach Abzug ihrer Provision an die jeweiligen Eigentümer ausgezahlt hat. Dies sind die Beträge, die die Klägerin in ihrer Steuererklärung angegeben hat. Die insoweit durchgeführten Änderungen nach der Außenprüfung sind deshalb zurückzunehmen. Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung sind die Umsätze in den Streitjahren wie folgt erhöht worden:

23. 2000 2001
Änderung der Bemessungsgrundlage
97.336,00 DM 109.987,00 DM
Umsatzsteuer hierauf 15.573,76 DM 17.597,92 DM
Umrechnung in EURO 7.962,74 EUR 8.997,67 EUR

24.
2000 2001
Umsatzsteuer bisher 12.956,14 EUR 14.567,73 EUR
Minderungsbetrag 7.962,74 EUR 8.997,67 EUR
Festzusetzende Umsatzsteuer
4.993,40 EUR 5.570,06 EUR.

25. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Die Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Klägerin zwar sinngemäß sich zunächst auch gegen den Ansatz eines erhöhten Eigenverbrauchs und eine Kürzung der Vorsteuerbeträge im Jahre 2001 gewendet hat. Insoweit unterliegt sie jedoch nur zu einem geringen Teil.

26. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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