Verfristete Anspruchsanmeldung bei Aufforderung an den Reiseleiter zur Weiterleitung einer Mängelliste

AG Bad Homburg: Verfristete Anspruchsanmeldung bei Aufforderung an den Reiseleiter zur Weiterleitung einer Mängelliste

Der Kläger fordert von der Beklagten, einer Reiseveranstalterin, Schadensersatzzahlungen und eine Reisepreisminderung. Er hatte zuvor eine Urlaubsreise bei der Beklagten gebucht, die seiner Meinung nach mit Mängeln behaftet gewesen sei. Z. B. habe die Klimaanlage nicht richtig funktioniert und das Essen im Hotel sei zudem nicht genießbar gewesen. Der Kläger sendete daraufhin eine Mängelanzeige an die Reiseleitung. Die Beklagte argumentiert nun, dass eine Mängelanzeige bei mir nicht angekommen sei und sie deshalb keine Möglichkeit gehabt habe, die entsprechenden Mängel zu beheben. Aus diesem Grund sei die Klage abzuweisen.

Das Amtsgericht Bad Homburg weist die Klage ab. Der Kläger habe es eindeutig versäumt, rechtzeitig eine Mängelanzeige an die Beklagte zu senden. Der Reiseleiter sei grundsätzlich nicht Adressat der Anspruchsanmeldung und die Aufforderung des Klägers an den Reiseleiter, die Mängelliste an die Beklagte weiterzuleiten, genüge nicht den Anforderungen des § 651 g Abs. 1 BGB. Die Klage müsse demnach abgewiesen werden und der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatzzahlungen oder eine Reisepreisminderung.

AG Bad Homburg 2 C 306/03 (Aktenzeichen)
AG Bad Homburg: AG Bad Homburg, Urt. vom 13.06.2003
Rechtsweg: AG Bad Homburg, Urt. v. 13.06.2003, Az: 2 C 306/03
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Hessen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Bad Homburg

1. Urteil vom 13. Juni 2003

Aktenzeichen: 2 C 306/03

Leitsatz:

2. Ein Reisender hält die Frist zur Anmeldung seiner Mängelrügen nicht ein, wenn er den Reiseleiter vor Ort lediglich auffordert, eine Mängelliste an den Reiseveranstalter weiterzuleiten.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten, einer Reiseveranstalterin, Eine Urlaubsreise nach Ägypten gebucht. Nach der Ankunft in betreffenden Hotel, stellte der Kläger mehrere Mängel fest. So hätte die Klimaanlage nicht richtig funktioniert und das Essen sei nicht genießbar gewesen. Der Kläger sendete daraufhin eine Mängelanzeige an die Reiseleitung. Diese verwies den Kläger an die Beklagte weiter, da sie nach eigener Angabe für die Reisemängel nicht zuständig war. Der Kläger leitete das betreffende Schreiben allerdings nicht an die Beklagte weiter.

Nun fordert der Kläger Schadensersatzzahlungen und eine Reisepreisminderung. Er ist der Meinung, Es habe gereicht, die Reiseleitung über die betreffenden Mängel zu informieren. Die Beklagte hingegen argumentiert, dass eine Mängelanzeige bei mir nicht angekommen sei und sie deshalb keine Möglichkeit gehabt habe, die entsprechenden Mängel zu beheben. Aus diesem Grund sei die Klage abzuweisen.

Das Amtsgericht Bad Homburg hält die Klage für unbegründet. Die Mängelanzeige, die grundsätzlich zu erfolgen habe, wenn Ansprüche auf Reisepreisminderung gestellt werden, sei im vorliegenden Fall nicht rechtzeitig eingegangen. Unbestritten sei der Reiseleiter nicht Adressat der Anspruchsanmeldung. Die Aufforderung des Klägers an den Reiseleiter vor Ort, die Mängelliste an die Beklagte weiterzuleiten, genüge demnach nicht den Anforderungen des § 651 g Abs. 1 BGB.

Nachdem das Reisebüro dem Klägers die Anspruchsanmeldung zurücksandte und ihn darüber aufklärte, dass er diese an die Beklagte schicken müsse, konnte der Kläger auch nicht darauf vertrauen, daß das Reisebüro seine Ansprüche an die Beklagte weitergeben würde.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

5. Der Kläger macht Minderungs- und Schadensersatzansprüche aus einem mit der Beklagten geschlossenen Reisevertrag geltend. Die vertraglich vereinbarte Reiseleistung bestand in einer All-Inclusive-Reise des Klägers mit seiner Ehefrau nach Hurghada in Ägypten in das Hotel … vom 4. bis 18.7.2002 zu einem Gesamtreisepreis von 2.518 Euro (inklusive 78 Euro Reiserücktrittskostenversicherung). Der Kläger hat durch Schreiben seiner Prozeßbevollmächtigten vom 26.8.2002, eingegangen bei der Beklagten am 28.8.2002 zahlreiche Mängel angemeldet, unter anderem die Unterbringung in einem anderen als dem gebuchten Hotel für den ersten Tag, schlechtes Essen, nicht ausreichend funktionierende Klimaanlagen. Als Anlage zu diesem Schreiben wurde ein Schreiben der Kläger mit Datum vom 24.7.2002 eingereicht, in dem diese weitere Mängel rügten, wie z.B. eine Baustelle am Strand in der zweiten Woche, Zimmerschlüssel, die zu allen Hotelzimmern paßten, fehlende Handtücher, Wasserausfall, Ausfall der Klimaanlagen und Ineffizienz der Klimaanlagen sowie Vorverlegung des Rückflugs um 4 Stunden. Darüber hinaus hat der Kläger seine Ansprüche gegenüber dem die Reise vermittelnden Reisebüro telefonisch am 19.7.2002 und schriftlich zwischen dem 19.7. und 22.7.2002 angemeldet. Das Reisebüro sandte dem Kläger das Anmeldungsschreiben mit Schreiben vom 22.7.2002 mit der Maßgabe zurück, daß es für die Annahme von Mängelanmeldungen nicht zuständig sei und der Kläger das Schreiben umgehend an die Beklagte senden sollte. Dabei gab das Reisebüro sogar noch die Adresse, an die das Schreiben zu senden ist, an. Mit der Klage machte der Kläger weitere, im Schreiben an die Beklagte vom 26.8.2002 nicht enthaltene Mängel gelten, wie der zeitweise Wasserausfall, ungenügenden Wäschewechsel, Baulärm und Staub, schlechten Service im Restaurant, verschmutzten Strand, Fehlen von Sonnenschirmen und Liegen. Der Kläger überreichte vor Ort dem Reiseleiter der Beklagten eine Mängelliste, in der er die mangelhafte Unterbringung für den ersten Tag sowie das Fehlen von Liegen und Sonnenschirmen rügte. Er forderte den Reiseleiter auf, das Schreiben an die Beklagte weiterzuleiten. Gleichzeitig kündigte er an, Ansprüche gegen die Beklagte nach Beendigung der Reise geltend machen zu wollen. Der Reiseleiter verweigerte die Annahme der Mängelliste, woraufhin der Kläger eine Kopie der Liste anfertigte und das Original auf dem Tisch des Reiseleiters hinterließ.

6. Der Kläger behauptet, es hätte ausgereicht, den Reiseleiter aufzufordern, die Mängel an die Beklagte weiterzuleiten und die Mängelrüge gegenüber dem Reisebüro zu erheben, um die Frist des § 651 g BGB einzuhalten. Er hätte darauf vertrauen dürfen, daß das Reisebüro die Beschwerde an die Beklagte weiterleitet.

7. Der Kläger beantragt,

8. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.540,19 Euro zzgl. des gesetzlichen Zinssatzes seit Rechtshängigkeit zu zahlen, und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 600 Euro zzgl. des gesetzlichen Zinssatzes seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

9. Die Beklagte beantragt,

10. die Klage abzuweisen.

11. Die Beklagte beruft sich auf die Ausschlußfrist des § 651 g Abs. 1 BGB. Sie behauptet, eine Anmeldung der Mängelansprüche gegenüber dem Reisebüro und gegenüber dem Reiseleiter würde nicht den Anforderungen des § 651 g Abs. 1 BGB entsprechen, zumal sie unstreitig erst am 28.8.2002 durch das Schreiben der Prozeßbevollmächtigten des Klägers von dessen Anspruchsanmeldung erfahren hat, die dem Schreiben der Prozeßbevollmächtigten als Anlage beigefügt gewesen ist.

Entscheidungsgründe

12. Die Klage ist nicht begründet, da sie nicht schlüssig ist.

13. Nach eigenem Vortrag des Klägers hat dieser die Frist des § 651 g Abs. 1 BGB zur Anmeldung seiner Mängelrügen nicht eingehalten.

14. Die Aufforderung des Klägers an den Reiseleiter vor Ort, die Mängelliste an die Beklagte weiterzuleiten, genügt nicht den Anforderungen des § 651 g Abs. 1 BGB, da der Reiseleiter nicht Adressat der Anspruchsanmeldung sein kann. Da sich der Reiseleiter im vorliegenden Fall sogar weigerte, die Mängelliste anzunehmen, war die Fristversäumung auch nicht schuldlos im Sinne des § 651 g Abs. 1 S. 3 BGB, da der Kläger gerade nicht darauf vertrauen konnte, der Reiseleiter werde seine Mängelliste an die Beklagte weiterleiten. Die vom Kläger zitierte Entscheidung des BGH (Z 102, 80) betreffen nur den Fall, daß der Reisende bereits vor Reiseende seine Ansprüche anmeldet. Jedoch müssen auch in diesem Fall die Ansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter, nicht gegenüber der örtlichen Reiseleitung angemeldet werden. Abgesehen davon, wurden in dieser Mängelliste auch nur die Unterbringung in einem anderen als dem gebuchten Hotel am ersten Tag der Reise sowie die fehlenden Liegen und Sonnenschirme gerügt, also nicht alle mit der Klage geltend gemachten Mängel. Die telefonische und schriftliche Anmeldung der Ansprüche innerhalb der Monatsfrist gegenüber dem Reisebüro genügt ebenfalls nicht den Anforderungen des § 651 g Abs. 1 BGB, da das Reisebüro nicht Empfangsbevollmächtigter der Beklagten ist. Dadurch, daß das Reisebüro nach dem eigenen Vortrag des Klägers bereits am 22.7.2002 die Anspruchsanmeldung an den Kläger zurücksandte und ihn darüber aufklärte, daß er die Anmeldung an die Beklagte schicken müßte (sogar unter Nennung der genauen Adresse), konnte der Kläger auch nicht darauf vertrauen, daß das Reisebüro seine Ansprüche an die Beklagte weitergeben würde, so daß auch hier § 651 g Abs. 1 S. 3 BGB nicht eingreift.

15. Das Anmeldungsschreiben der Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 26.8.2002 erfolgte unstreitig nach Ablauf der Monatsfrist und war damit verspätet. Die Tatsache, daß die Beklagte dem Kläger im Kulanzwege vorprozessual dennoch 250 Euro anbot, verwehrt es der Beklagten nicht, sich im Prozeß auf § 651 g BGB zu berufen. Die Beklagte hatte durchaus ein Interesse daran, einen Prozeß zu vermeiden, der immer mit einem gewissen Prozeßrisiko belastet ist. Daraus konnte der Kläger jedoch nicht schließen, die Beklagte werde auf ihr Recht, sich auf § 651 g BGB zu berufen verzichten.

16. Damit kann der Kläger gemäß § 651 g Abs. 1 BGB weder Minderungsansprüche aus § 651 d BGB, noch Schadensersatzansprüche wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gemäß § 651 f BGB gegen die Beklagte geltend machen.

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S.2 ZPO.

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