Haftung des Reiseveranstalters für die Vereitelung der Reise

AG Bad Homburg: Haftung des Reiseveranstalters für die Vereitelung der Reise

Eine Reisende nimmt ein Reisebüro auf Rückzahlung des Flugpreises und Schadensersatz in Anspruch, weil sie ihren Flug aufgrund einer falschen telefonischen Auskunft seitens des Reisebüros verpasst hat.

Das Amtsgericht Bad Homburg hat der Reisenden die Schadensersatzzahlung und Rückerstattung der Reisekosten zugesprochen und entschied, dass sich das Reisebüro die Aussage der Mitarbeiterin zurechnen lassen muss.

AG Bad Homburg 2 C 2633/08 (Aktenzeichen)
AG Bad Homburg: AG Bad Homburg, Urt. vom 08.05.2009
Rechtsweg: AG Bad Homburg, Urt. v. 08.05.2009, Az: 2 C 2633/08
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Amtsgericht Bad Homburg

1. Urteil vom 08. Mai 2009

Aktenzeichen 2 C 2633/08

Leitsätze:

2. Wird die Reise vollständig durch eine falsche Zusicherung der Reisebüromitarbeiterin vereitelt, muss sich das der Reiseveranstalter zurechnen lassen.

Der Veranstalter ist zum Ersatz von vertaner Urlaubszeit und vergeblichen Aufwendungen verpflichtet, wenn sie durch die vereitelte Reise entstanden sind.

Zusammenfassung:

3. Im vorliegenden Fall wurde telefonisch eine Reise gebucht. Im Rahmen dieses Telefonats wurde der Klägerin eine Zusicherung gegeben, dass eine Ankunft am Flughafen 1 Stunde und 15 Minuten vor Abflug ausreichen würde. Dies war nicht der Fall und die Klägerin konnte den Flug nicht rechtzeitig antreten.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Reiseveranstalter den Ersatz der vertanen Urlaubszeit und den Ersatz der Reisekosten inklusive der Anfahrt mit der Bahn. Als Rechtsgrundlage werden die allgemeinen Vorschriften des Schuldrechts aus dem bürgerlichen Gesetzbuch genommen.

Das Amtsgericht Bad Homburg hat der Klägerin den Ersatz in vollem Umfang zugesprochen. Die Zusicherung der Mitarbeiterin des Reisebüros muss sich der Reiseveranstalter zurechnen lassen. Auch der Ersatz der vertanen Urlaubszeit und des Bahntickets sind zu begleichen, da die Reise komplett vereitelt wurde.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2452,– Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Mai 2008 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe eines Reisegutscheins der Beklagten über 385,– Euro an die Beklagte.

5. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

7. Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht Ansprüche aus einem Reisvertrag wegen mangelhafter Reiseleistungen geltend.

8. Der Zeuge … buchte bei der Beklagten gemäß Reisebestätigung vom 22. Februar 2008 (Bl. 5 – 6 d.A.) eine Pauschalreise nach Ägypten für sich und seinen Sohn vom 28. Februar 2008 bis 7. März 2008 zu einem Gesamtpreis von 1327,– Euro (all-inclusive).

9. Der Zeuge … trat alle Ansprüche aus dem mit der Beklagen geschlossenen Reisevertrag an die Klägerin ab (Bl. 26 d.A.).

10. Die Klägerin behauptet, die Mitarbeiterin des Reisebüros … über welches die Reise gebucht wurde, habe dem Zeugen im Rahmen eines Telefonats am 22. Februar 2008 zugesichert, dass eine Ankunft am Flughafen 1 Stunde 20 Minuten vor Abflug ausreichend sei. Trotz Abholens der Reiseunterlagen 1 Stunde und 15 Minuten vor Abflug am Schalter der Beklagten und Anstellens am Check-In-Schalter der Fluggesellschaft 1 Stunde 10 Minuten vor Abflug sei ein Einchecken aufgrund der Warteschlange vor dem Schalter nicht möglich gewesen, als der Zeuge … dann 44 Minuten vor Abflug von dem Check-In-Personal bedient worden sei.

11. Die Klägerin begehrt Rückzahlung des gesamten Reisepreises sowie Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit und Ersatz von Kosten für das Bahnticket von Berlin nach Frankfurt und zurück.

12. Die Klägerin beantragt,

13. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.452,– Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 29. Mai 2008 zu bezahlen.

14. Die Beklagte beantragt,

15. die Klage abzuweisen.

16. Sie wendet ein, dass eine Verurteilung nur Zug um Zug gegen Rückgabe des vorprozessual übersandten Reisegutscheins möglich sei.

17. Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 18. Februar 2009 durch Vernehmung des Zeugen … .

Entscheidungsgründe:

18. Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.

19. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückzahlung des gesamten Reisepreises gemäß §§ 651 c und 651 d Abs. 1 S. 2 i.V. mit § 638 Abs. 2 BGB zu.

20. So stellt es einen Mangel dar, dass die Mitarbeiterin des Reisebüros … dem Zeugen … im Rahmen eines Telefonats am 22. Februar zugesichert hat, dass eine Ankunft am Flughafen 1 Stunde 20 Minuten vor Abflug ausreichend ist, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall war. Trotz Abholen der Reiseunterlagen 1 Stunde und 15 Minuten vor Abflug am Schalter der Beklagten und Anstellen an dem Check-In-Schalter der Fluggesellschaft 1 Stunde 10 Minuten vor Abflug war dem Zeugen … ein Einchecken aufgrund der Warteschlange vor dem Schalter nicht möglich, als der Zeuge … dann 44 Minuten vor Abflug von dem Check-In-Personal bedient wurde. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Aussage des Zeugen … Aufgrund dieses Mangels konnte der Zeuge … die Reise nicht antreten, weshalb eine Minderung in Höhe von 100 % gegeben ist.

21. Die Beklagte muss sich die vorstehend genannte Zusicherung der Mitarbeiterin des Reisebüros zurechnen lassen, da nach der Rechtsprechung des BGH (Urteils vom 25. April 2006, Az.: X ZR 198/04) nach Treffen der konkreten Auswahlentscheidung – wie vorliegend gegeben – die Reisebüromitarbeiter Erfüllungsgehilfen des Reiseveranstalters, d.h., der Beklagten, sind.

22. Auch ein Schadensersatzanspruch gemäß § 651 f Abs. 2 BGB auf Ersatz vertaner Urlaubszeit ist gegeben, da aufgrund der falschen Zusicherung der Mitarbeiterin des Reisebüros die bei der Beklagten gebuchte Reise vereitelt wurde.

23. Nach ständiger Rechtsprechung des Landgerichts Frankfurt am Main steht einem Reisenden bei kompletter Vereitelung der Reise ein Schadensersatzanspruch gemäß § 651 f Abs. 2 BGB in Höhe des gesamten Reisepreises zu. Dies sind 963,– Euro.

24. Darüber hinaus steht der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für das Bahnticket in Höhe von 162,– Euro gemäß § 651 f Abs. 1 BGB zu. Die Ersatzfähigkeit der aufgewendeten Kosten für das Bahnticket ergibt sich aus § 284 BGB.

25. Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 286, 288 BGB gerechtfertigt.

26. Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

27. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.

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