Voraussetzungen der Gewährleistungspflicht eines Reiseveranstalters

AG Chemnitz: Voraussetzungen der Gewährleistungspflicht eines Reiseveranstalters

Der Kläger hatte bei der Beklagten einen Aufenthalt in einer Ferienwohnung gebucht. Nach der Ankunft stellte er fest, dass die Wohnung mit mehreren Mängeln behaftet war, die er unverzüglich meldete. Die Beklagte führte aus, dass sie für die Mängel nicht hafte, weil sie lediglich Vermittlerin der Ferienwohnung sei. Aus Sicht des Klägers sei sie jedoch faktisch als Reiseveranstalterin aufgetreten und er fordert deshalb nun von der Beklagten eine Kostenerstattung.

Das Amtsgericht Chemnitz hält die Klage für unbegründet. Die Beklagte sei nicht passivlegitimiert, da sie nicht als Reiseveranstalterin, sondern lediglich als Vermittlerin in Übereinstimmung mit § 651 a Abs. 2 BGB aufgetreten sei. Dies lasse sich am deutlichsten am Firmennamen der Beklagten ablesen, der bereits der Wort „Vermittlung“ enthält. Die Beklagte hafte folglich nicht für etwaige Mängel an der von ihr vermittelten Ferienwohnung.

AG Chemnitz 16 C 1820/09 (Aktenzeichen)
AG Chemnitz: AG Chemnitz, Urt. vom 18.11.2009
Rechtsweg: AG Chemnitz, Urt. v. 18.11.2009, Az: 16 C 1820/09
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Sachsen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Sachsen

1. Urteil vom 18. November 2009

Aktenzeichen: 16 C 1820/09

Leitsatz:

2. Wenn die Ferienhausagentur ihre Vermittlerstellung zutreffend darstellt, ist sie nur Vermittler eines Mietvertrages zwischen dem (ausländischen) Eigentümer eines Ferienhauses und dem (deutschen) Kunden. Sei haftet dann nicht für eventuelle Mängel am vermittelten Objekt.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten einen Aufenthalt in einer Ferienwohnung gebucht. Als er dort ankam, stellte er fest, dass die Wohnung mit mehreren Mängeln behaftet war, die er der Beklagten unverzüglich meldete. Diese argumentierte jedoch, dass sie für die Mängel nicht hafte, weil sie lediglich Vermittlerin der Ferienwohnung sei. Aus Sicht des Klägers ist die Beklagte allerdings faktisch als Reiseveranstalterin aufgetreten. Er fordert deshalb nun eine Kostenerstattung.

Das Amtsgericht Chemnitz hält die Klage für unbegründet und weist sie ab. Entgegen der Ansicht des Klägers sei die Beklagte nicht passivlegitimiert, da sie nicht als Reiseveranstalterin sondern lediglich als Vermittlerin aufgetreten sei. Folglich hafte die Beklagte auch nicht für etwaige Mängel an den von ihr vermittelten Objekten.

Eine Ferienhausagentur könne grundsätzlich zwar sowohl als Vermittlerin als auch als Reiseveranstalterin auftreten. Allerdings habe die Ferienhausagentur der Beklagten, in Übereinstimmung mit § 651 a Abs. 2 BGB ihre Vermittlerstellung im Kundengeschäft hinreichend dargestellt. Somit ist sie lediglich im Rahmen eines Vermittlungsvertrages als Vermittlerin eines Mietvertrages zwischen dem ausländischen Eigentümer und dem deutschen Kunden zu werten. Dies lasse sich am deutlichsten am Firmennamen der Beklagten ablesen, der bereits der Wort „Vermittlung“ enthält.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreites.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 400,00 EUR, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

5. Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Gewährleistungsansprüche aus einem Reisevertrag geltend.

6. Der Kläger behauptet, dass die Beklagte katalogmäßig Ferienhäuser für Urlaubsaufenthalte in Europa anbiete. Zwischen den Parteien sei am 02.06.2007 ein Reisevertrag über die Nutzung eines Ferienhauses in Dänemark für die Zeit vom 21.07.2007 bis 11.08.2007 zu einem Reisepreis von insgesamt 1.506,31 EUR vereinbart worden. Der Kläger habe jedoch feststellen müssen, dass das Objekt mit zahlreichen Mängeln behaftet gewesen sei. Der Kläger habe die Mängel unverzüglich telefonisch und am 28./29.07.2007 schriftlich angezeigt. Eine Abhilfe sei jedoch nicht erfolgt. Die Beklagte sei auch passivlegitimiert, da sie als Reiseveranstalter aufgetreten sei. Der geltend gemachte Schaden belaufe sich auf insgesamt 1.405,00 EUR.

7. Der Kläger beantragt,

8. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.405,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. hieraus seit dem 04.09.2007 zu zahlen.

9. Die Beklagte beantragt,

10. die Klage abzuweisen.

11. Die Beklagte wendet ein, dass sie nicht passivlegitimiert seit, da sie lediglich Vermittler des Ferienhauses und nicht Reiseveranstalter sei. Zudem werde die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichtes Chemnitz gerügt.

12. Im Übrigen wird Bezug genommen auf die wechselseitig eingegangenen Schriftsätze der Prozessparteien bei Gericht bis zum 27.11.2009.

Entscheidungsgründe

13. Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

14. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Gewährleistungsanspruch in Höhe von 1.405,00 EUR aufgrund des zwischen den Prozessparteien geschlossenen Vertrages über ein Ferienhaus. Das Amtsgericht Chemnitz ist örtlich zuständig.

15. Der Kläger hat den streitgegenständlichen Vertrag als Online-Vertrag abgeschlossen. Gemeinsamer Erfüllungsort für die „aus der Wohnung“ im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossenen Verträge ist der Wohnsitz des Kunden/Verbrauchers (vgl. Vollkommen in Zöller, ZPO-Kommentar, 27. Aufl., Rdn. 25 zu § 29 ZPO). Hieran ändert auch nichts die Tatsache, dass letztendlich die entsprechenden Reiseunterlagen bzw. der verbindliche Vertrag an den Kläger seitens der Beklagten gefaxt worden ist. Ausschlaggebend vorliegend ist vielmehr, dass der Kläger „online“ an die Beklagte herangetreten ist und es diesbezüglich zu einem Vertragsabschluss kam.

16. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Beklagte jedoch nicht passivlegitimiert, da sie nicht als Reiseveranstalter sondern lediglich als Vermittler aufgetreten ist.

17. Bezüglich der rechtlichen Einstufung der Tätigkeit von Ferienhausagenturen in Deutschland ist auf der Grundlage der sogenannten Ferienhausentscheidungen des BGH und der Rechtsprechung der Unterinstanzen als bestehende Rechtslage davon auszugehen, dass Ferienhausagenturen sowohl als Reiseveranstalter wie auch als Reisevermittler auftreten können.

18. Der BGH hat ausgesprochen, dass unter Berücksichtigung der Kriterien des § 651 a Abs. 2 BGB eine Ferienhausagentur auch als Vermittler auftreten kann. Eine Ferienhausagentur muss nur dann in entsprechender Anwendung der §§ 651 a – m BGB unmittelbar die Gewähr eines Reiseveranstalters leisten, wenn sie den Anschein erweckt, vertraglich vorgesehene Leistungen als eigene zu erbringen. Dann sind nach der Rechtsprechung des BGH die Vorschriften der §§ 651 a – m BGB analog auf die Tätigkeit und den Vertrag mit der Ferienhausagentur anzuwenden (vgl. Palandt/Sprau, Rdn. 6 zur Einführung von § 651 a BGB, 68. Aufl.).

19. Stellt jedoch die Ferienhausagentur in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des § 651 a Abs. 2 BGB ihre Vermittlerstellung hinreichend dar, dann ist sie lediglich im Rahmen eines Vermittlungsvertrages Vermittler eines Mietvertrages zwischen dem ausländischen Eigentümer/Vermieter und dem deutschen Kunden.

20. So verhält es sich auch bei der Beklagten. Dieses ergibt sich jedoch nicht schon allein daraus, dass die Beklagte unter „DK-Ferienhausvermittlung“ firmiert. Diese Bezeichnung lässt zwar für den verständigen und vernünftigen Verbraucher zunächst nicht den mindesten Zweifel aufkommen, dass Gegenstand der Unternehmenstätigkeit der Beklagten die Vermittlung von Ferienhäusern ist; jedoch reicht dieses allein noch nicht aus.

21. Betrachtet man jedoch die weiteren Umstände und insbesondere auch den entsprechenden Schriftverkehr zwischen den Prozessparteien, so ergibt sich jedoch aus alledem, dass die Beklagte im vorliegenden Fall als Vermittlerin aufgetreten ist.

22. Bereits der „Internetauftritt“ der Beklagten ist überschrieben mit „DK-Ferien, Vermittlung von Ferienhäusern in Dänemark seit 1996“. Weiterhin befindet sich nachfolgender ergänzender Hinweis: „In fast allen Urlaubsregionen Dänemarks können wir Ihnen Ferienhäuser anbieten. Die von uns vermittelten privaten Ferienhäuser haben wir besichtigt.“

23. In der linken Menueauswahl der Startseite sind darüber hinaus die Vermittlungsbedingungen unter einem Link angegeben und aufrufbar. Weiter heißt es auf der Startseite: „Wir freuen uns, dass Sie sich über „DK-Ferien“ ein Ferienhaus für Ihren Urlaub in Dänemark vermitteln lassen wollen.“

24. Auch der entsprechend geführte Schriftverkehr lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass es sich bei der Beklagten um eine Ferienhausagentur handelt, die lediglich Ferienhäuser vermittelt.

25. Ausschlaggebend ist jedoch – und von daher sind die seitens des Klägers in der Akte benannten Entscheidungen nicht einschlägig –, die seitens der Beklagten vorgelegte Anlage B5, bei der es sich um die Buchungsbestätigung zum streitgegenständlichen Vertrag handelt.

26. In dieser Buchungsbestätigung heißt es wortwörtlich:

27. „Sehr geehrter Herr …, sehr geehrte Frau … wir freuen uns, Ihnen namens und in Vollmacht Ihres Vertragspartners, des Eigentümers/Vermieters ….“

28. Aus dieser Buchungsbestätigung wird damit zweifelsfrei eindeutig, dass die Beklagte die Vermietung des Ferienhauses lediglich namens und in Vollmacht der Eigentümer vorgenommen hat und von daher nicht selbständig als Reiseveranstalterin aufgetreten ist.

29. Auch die Tatsache, dass die Beklagte entsprechend Reiseversicherungen bzw. Reiserücktrittsversicherungen anbietet, ändert an dieser Betrachtung für den streitgegenständlichen Fall nichts. Dieses deshalb nicht, weil entsprechend der Rechtsprechung des BGH immer auf den Einzelfall und die Gesamtumstände abzustellen ist.

30. Das bereits nicht passivlegitimiert ist, bedarf es weiterer Ausführungen bezüglich der Mängel nicht.

31. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Einrede der Verjährung nicht greift, da der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides am 24.12.2008 beim Amtsgericht Aschersleben eingegangen ist und damit vor Ablauf der Verjährungsfrist.

32. Nach alledem war die Klage vollumfänglich abzuweisen.

33. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

34. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet seine Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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