Schadenersatz wegen Nichterfüllung bei Reisestornierung vor Reisebeginn

LG Düsseldorf: Schadenersatz wegen Nichterfüllung bei Reisestornierung vor Reisebeginn

Ein Reisegast begehrt von einem Reiseveranstalter Schadensersatz, da er aufgrund einer Überbuchung von der gebuchten Reise zurücktreten musste und dafür eine teurere Ersatzreise buchte.

Das Landgericht Düsseldorf entschied, dass der Reisende nicht das Ersatzangebot ablehnen und vollen Schadenersatz nach § 651f Abs. 1 BGB für eine viel teurere und anders geartete Ersatzreise verlangen kann.

LG Düsseldorf 22 S 47/02 (Aktenzeichen)
LG Düsseldorf: LG Düsseldorf, Urt. vom 25.04.2003
Rechtsweg: LG Düsseldorf, Urt. v. 25.04.2003, Az: 22 S 47/02
AG Düsseldorf, Urt. v. 16.01.2002, Az: 22 C 16368/01
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Landgericht Düsseldorf

1. Urteil vom 25. April 2003

Aktenzeichen 22 S 47/02

Leitsatz:

2. Ein Reisender hat Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung bei Reisestornierung vor Reisebeginn wegen Unvermögens des Reiseveranstalters zur Unterbringung im geplanten Hotel und Schadenminderungspflicht des Reisenden wegen des Anerbietens einer Ersatzunterkunft.

Zusammenfassung:

3. Im vorliegenden Fall begehrt der Reisende Schadensersatz aufgrund der Mehrkosten die bei einer Ersatzreise entstanden sind. Der Reisende hatte einem Reiseveranstalter ein Zimmer gebucht, jedoch wurde ihm vor Reisebeginn mittgeteilt, das die geplante Hotelbuchung nicht zur Verfügung steht. Die Stornierung wurde kostenfrei angeboten und von dem Reisenden angenommen.

Das LG Düsseldorf entschied, wenn ein Reiseveranstalter dem Reisenden vor Reisebeginn mitgeteilt, dass er das gebuchte Hotel nicht zur Verfügung stellen kann und hat der Reisende daraufhin die Reise (im Einverständnis mit dem Veranstalter) storniert folgt daraus nicht zwingend, dass der Reisende auch einen Schadenersatzanspruch wegen der Buchung einer teureren Ersatzreise hat. Bei der Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs nach § 651f BGB ist zu berücksichtigen, dass der Gläubiger nach § 254 Abs. 2 BGB gehalten ist, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Deshalb muss im Rahmen des Ersatzanspruches nach § 651f Abs. 1 BGB festgestellt werden, ob der Reisende im Rahmen seiner Schadenminderungspflicht gehalten war, das ihm unterbreitete Ersatz-Hotel anzunehmen und die Reise anzutreten. War ihm dies zumutbar kann der Reisende nicht das Ersatzangebot ablehnen und vollen Schadenersatz nach § 651f Abs. 1 BGB für eine viel teurere und anders geartete Ersatzreise verlangen.

Tenor:

4. Auf die Berufung des Klägers wird das am 16.01.2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf – 22 C 16368/01 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 323,34 (= DM 632,40) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG vom 06.06.1998 seit dem 02.10.2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 80 % und die Beklagte zu 20 %.

Tatbestand

5. Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO (a. F.) abgesehen.

Entscheidungsgründe

6. Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.

7. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 651 f Abs. 1 BGB in Höhe von DM 632,40 zu.

8. Zwar hatte die Beklagte dem Kläger vor Reiseantritt mitgeteilt, dass sie ihm das gebuchte Hotel nicht zur Verfügung stellen könne, und der Kläger hierauf die bei der Beklagten gebuchte Reise mit deren Einverständnis storniert. Bei dieser Sachlage müssen jedoch zwei Aspekte unterschieden werden, nämlich zum einen, ob der Kläger berechtigt war, kostenfrei von dem Reisevertrag nach § 651 i BGB zurückzutreten bzw. den Reisevertrag nach § 651 e BGB zu kündigen, zum anderen, ob er darüber hinaus Schadensersatz nach § 651 f BGB verlangen kann. Vorliegend ist dem Kläger seitens der Beklagten ausdrücklich das Recht auf kostenfreien Rücktritt mit Schreiben vom 04.09.2001 (11 Tage vor Reiseantritt) angeboten worden, so dass der sodann erklärte Rücktritt des Klägers einverständlich erfolgte. Daraus folgt aber nicht zwingend, dass dem Kläger auch ein Schadensersatzanspruch wegen der Buchung einer teureren Ersatzreise zustehen muss. Dem Kläger war mit gleichem Schreiben ein Ersatzhotel angeboten worden. Dieses Angebot kann im Rahmen des § 651 f Abs. 1 BGB beachtlich sein. Bei der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches – wie § 651 f BGB – ist zu berücksichtigen, dass der Gläubiger nach § 254 Abs. 2 BGB stets gehalten ist, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Deshalb muss im Rahmen des Ersatzanspruches nach § 651 f Abs. 1 BGB festgestellt werden, ob der Kläger im Rahmen der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht gehalten gewesen war, das ihm unterbreitete Ersatzhotel anzunehmen und die Reise anzutreten. Wie bei einer Offerierung eines Ersatzobjektes am Urlaubsort selbst ist die Zumutbarkeit einer solchen Annahme jedenfalls dann zu bejahen, wenn das Ersatzobjekt im wesentlichen gleichwertig mit dem gebuchten ist und die fehlende Gleichwertigkeit nur eine geringfügige Minderung rechtfertigte. In einem solchen Fall kann der Reisende nicht das Ersatzangebot ablehnen und vollen Schadensersatz nach § 651 f Abs. 1 BGB für eine viel teurere und andersgeartete Ersatzreise verlangen. Vielmehr wäre er im Rahmen der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht gehalten, das Ersatzangebot anzunehmen, weil hierdurch ein Schaden entweder vermieden oder gering gehalten werden kann. Dies ist ihm zuzumuten, weil er die Reise im wesentlichen wie geplant durchführen kann.

9. Entsprechend dem oben Ausgeführten war dem Kläger die Annahme des von der Beklagten angebotenen Ersatzobjektes Hotel … in … im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht zumutbar. Die festzustellenden Abweichungen des gebuchten zum angebotenen Hotel sind nur als geringfügig einzustufen. Dies führt aber nicht dazu, dass dem Kläger überhaupt kein Schadensersatzanspruches zusteht. Vielmehr ist darauf abzustellen, welcher Schaden entstanden wäre, wenn er im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht die angebotene Reise angetreten hätte. Dies stellt im Verhältnis zu der selbst durchgeführten Ersatzreise, die erheblich teurer war, den geringfügigeren Schaden bei der Beklagten dar. Danach wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, den Reisepreis entsprechend der Abweichungen zu mindern (§ 651 d Abs. 1 BGB). Die Kammer bewertet diese mit 20 % des Reisepreises, was DM 632,40 ausgehend von einem Reisepreis in Höhe von DM 3.162,00 ohne Rücktrittsversicherungskosten entspricht. Diesen Betrag hat die Beklagte dem Kläger im Rahmen des Schadensersatzes nach § 651 f Abs. 1 BGB zu ersetzen. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass das Hotel … in derselben Ferienregion wie das gebuchte Hotel … liegt, so dass der Kläger grundsätzlich in der Lage war, die Reise wie geplant zu gestalten. … ist von … nach dem unstreitigen Vortrag der Beklagten 70 km entfernt. Die längere Anreise vom Zielflughafen … führte nur am An- und Abreisetag zu einer geringfügigen Beeinträchtigung. Dass das angebotene Hotel an einem Kieselstrand lag, während das gebuchte Hotel an einem Sandstrand lag, hat die Kammer als tatsächliche Abweichung berücksichtigt. Die Beklagte hat nicht bestritten, dass das gebuchte Hotel tatsächlich an einem Sandstrand lag, nur dass sie diesen zugesichert hatte. Dies ist jedoch für die Unterschiede unerheblich. Allerdings hat die Kammer die vorgetragene Bandscheibenoperation der Ehefrau des Klägers dabei nicht bewertet, weil es für die Beklagte nicht erkennbar war, dass es dem Kläger gerade auf einen Sandstrand ankam. Desweiteren hat die Kammer berücksichtigt, dass das Hotel … vom Strand durch eine Küstenstrasse mit Fußgängerunterführung getrennt, während das gebuchte Hotel direkt am Strand lag.

10. Dass sein Sohn und seine Schwiegertochter ca. 3 km vom gebuchten Hotel des Klägers entfernt wohnten und auch Freunde des Klägers in der Nähe ein Hotel bewohnt hätten, waren bei der Bewertung der Zumutbarkeit nicht zu berücksichtigen. Hierbei handelte es sich um Umstände, die nicht Gegenstand der Buchung waren. Eine Leistungspflicht der Beklagten hierfür bestand nicht.

11. Die zugesprochenen Zinsen folgen aus §§ 284 Abs. 1, 286, 288 Abs. 1 BGB.

12. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

13. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO n. F. nicht gegeben sind.

14. Streitwert: Euro 1.577,85 (= DM 3.086,00)

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